WENN SIE ES GENAUER WISSEN WOLLEN:
Technische Prozesse beinhalten in vielen Fällen die gezielte Beeinflussung einer oder mehrerer Prozessgrößen. Dieses wird über die Installation entsprechender Aktoren, die in diesem Kontext auch als „Stellglieder“ bezeichnet werden, realisiert. In vielen Fällen ist der „Übertragungsweg“ zwischen der vom Stellglied angesteuerten Prozessgröße (Wärmestrom des Heizkörpers) und der eigentlich interessierenden Prozessgröße (Temperatur im Raum) durch andere Prozessgrößen (z.B. Umgebungstemperatur jenseits der Raumwände, Sonneneinstrahlung durch Fenster, Abwärme von im Raum befindlichen Personen) gestört, wodurch der kausale Zusammenhang nicht eindeutig ist. Beeinflussen solche sog. Störgrößen die Genauigkeit, mit der wir die für uns relevante Prozessgröße „einstellen“ können, in für unsere Aufgabe zu hohem Maße, so müssen wir eine Regelung vorsehen. Dieses wie auch die weiteren Kapitel beschäftigen sich mit den wichtigsten Grundlagen hierzu. Nachfolgend werden wir uns zunächst mit den beiden einfachsten Reglertypen, den Zweipunkt- und Dreipunktreglern, beschäftigen.
Der Regelkreis
Um eine Regelung zu implementieren, benötigen wir außer einem Stellglied insbesondere auch eine Messeinrichtung, mit der wir die zu beeinflussende Prozessgröße kontinuierlich messen. Letztere nennen wir ab sofort „Istwert“. Gemäß nachfolgendem Bild wird in der dort skizzierten Standardstruktur einer Regelung dieser Istwert mit einem gewünschten „Sollwert“ (auch „Führungsgröße“ genannt) verglichen, was durch eine Subtraktion erfolgt. Das Vergleichsergebnis, die sog. Regeldifferenz, erlaubt einem nachgeschalteten Regler – neben der Messeinrichtung die zweite wichtige zusätzliche Komponente -, eine geeignete Steuergröße zu berechnen, die das Stellglied so ansteuert, dass der Istwert möglichst gut dem Sollwert entspricht.
Regelkreis
Zweipunktregler
Auch wer sich noch nie mit der Regelungstechnik beschäftigt hat, wird ihn wohl stets selbst als erstes „erfinden“, wenn es um die Ausregelung einer Prozessgröße geht: den Zweipunktregler. Dieser stellt nichts anderes als einen Umschalter dar, über den ein Stellglied in Abhängigkeit der Regeldifferenz e zwischen zwei Zuständen hin- und her geschaltet wird. Am Beispiel einer Raumtemperaturregelung wäre es z.B. sinnvoll, das Heizventil (z.B. voll) zu öffnen, wenn es zu kalt ist – die Regeldifferenz also positiv ist. Im umgekehrten Fall würde man es schließen. Der Umschaltpunkt wäre bei e = 0.
Kennlinie des Zweipunktreglers
Den allgemeinen Fall der so implementierten Reglerkennlinie zeigt obiges Bild. Hierbei gibt es statt dem einen Umschaltpunkt zwei symmetrisch um e = 0 angeordnete, die je nach Veränderungsrichtung von e im Sinne einer Hysterese wirken. Die meisten Zweipunktreglerimplementierungen arbeiten mit einer derartigen Hysterese, da so verhindert wird, dass das Stellglied bei Erreichen des Sollwerts mit hoher Schaltrate ständig ein- und ausschaltet. Bei Raumtemperaturregelungen wird beispielsweise oftmals eine Hysteresebreite von 1 °C gewählt.
Einschalt- und Ausschaltwert werden vom Stellglied bestimmt. Der Regler selbst schaltet an seinem Ausgang nur um, weshalb man auch von „Schaltreglern“ spricht. Obige Kennlinie ist also stets inklusive des Stellglieds zu interpretieren. Bei vielen Anwendungen ist der Ausschaltwert 0, so wie es bei unserem obigen Beispiel der Raumtemperaturregelung der Fall war.
Wir wollen nun einen Regelkreis mit Zweipunktregler simulativ erproben und verwenden dazu das in nachfolgendem Bild gezeigte Simulationsmodell innerhalb der Regel- und Simulationsschleife von LabVIEW.
Regelkreis mit Zweipunktregler als Simulationsmodell in LabVIEW
Zweipunktregler mit PT1Tt-Strecke
Das nachfolgende Bild zeigt eine der Praxis durchaus nahe kommende Simulation eines Zweipunktreglers mit einem bzgl. der grundsätzlichen Regelbarkeit noch sinnvollem Verhältnis zwischen Ausgleichszeit und Totzeit der Strecke sowie einparametrierter Hysterese. Zusätzlich wurde eine additiv am Streckeneingang wirkende Störgröße modelliert (welche in obigem Signalflussplan der Simulation nicht eingezeichnet ist). Der theoretisch abdeckbare Arbeitsbereich bzgl. des Istwerts reicht von -10 bis +10. Es wurden zu verschiedenen Zeitpunkten sowohl der Sollwert wie auch die Störgröße sprungförmig verändert. Charakteristisch sind die häufigen Schaltvorgänge mit entsprechender Belastung von Stellgliedern mit mechanischen Komponenten sowie auch im eingeschwungenen Zustand die Abweichung zwischen Sollwert und Mittelwert der Istwertschwingung.
Regelkreis mit Zweipunktregler (Einschaltwert = 2, Ausschaltwert = -2, Schaltschwellen bei ± 0,2) und PT1Tt-Strecke (kP = 5, T1 = 5 ms, T = 0,1 ms)
Dreipunktregler
Um das doch sehr ausgeprägte Schwingungsverhalten eines Zweipunktreglers zumindest etwas zu optimieren, kann man auf den Dreipunktregler übergehen. Dieser besitzt drei Schaltzustände. Dreipunktregler können an den zunächst zwei Umschaltpunkten ebenso mit einer Hysterese ausgestattet werden, so dass man dann auf vier Umschaltpunkte kommt. Dreipunktregler werden in diesem Sinne zunächst dort eingesetzt, wo Zweipunktregler an sich auch ausreichen würden, man jedoch diese Verbesserung erreichen möchte. Als Beispiel sei eine Temperaturregelung genannt, bei der es die drei Zustände Aus, halbe Heizleistung und voll Heizleistung gibt. Vor allem werden Dreipunktregler jedoch eingesetzt, wenn das Stellglied innerhalb der regelungstechnischen Anordnung sinnvollerweise auch drei Zustände ansteuern können sollte. Dies ist beispielsweise bei motorgesteuerten Positionierungen häufig der Fall, wo der Motor vor und zurück geschaltet werden muss, bei Erreichen einer gewünschten Position aber auch einfach ausgeschaltet werden kann.
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